Das Lagerleben gefangener portugiesischer Offiziere
Während des Ersten Weltkrieges hat es in Breesen ein Offiziers-Gefangenenlager gegeben.
Das Gefangenenlager damals. Die gleiche Stelle heute.

Etwa 5000 Soldaten Portugals kamen in deutsche Gefangenschaft, die ersten bereits im Frühjahr 1917. Fast alle Offiziere, 261 an der Zahl, kamen in das Kriegsgefangenenlager Breesen, gelegen zwischen dem lauenburgisch-preußischen Ratzeburg und dem mecklenburgischen Gadebusch. Das Lager wurde von einem deutschen Offizier mit einigen mecklenburgischen Soldaten bewacht. Dies war das einzige Lager für portugiesische Kriegsgefangene auf deutschem Boden. Die "einfachen" Soldaten Portugals kamen in Gefangenenlager in den besetzten Gebieten Frankreichs und Belgiens. Die von portugiesischer Seite gefangenen Deutschen wurden den Briten und Franzosen übergeben. Eigene Lager für deutsche Gefangene unterhielt Portugal nicht. Das Breesener Lager ist auf einer Tuschezeichnung festgehalten. Das Original wird im Bauernmuseum Breesen aufbewahrt. Vorn im Bild erstreckt sich das eingezäunte Lager, das von 1917 bis 1919 bestand. Es umfasste sechs nummerierte Baracken für die Gefangenen. Etwa 50 Mann teilten sich eine Baracke, die in mehrere Stuben unterteilt war. Im Lager erkennt man in der Mitte einen Appellplatz mit zwei Wasserpumpen, Gemüsebeete und Bänke vor den Baracken. Abseits sind zwei Toilettengebäude zu erkennen. Abgetrennt durch einen inneren Zaun sieht man links das Verwaltungsgebäude, dahinter die Quartiere der mecklenburgischen Wachmannschaft. Rechts davon erkennt man die Küche, Lagergebäude und Ställe. Fast könnte man meinen, eine ländliche Idylle vor sich zu sehen, sogar mit einer modernen Beleuchtung ausgestattet. Dass das Lager kein Idyll war, zeigen die stabile Umzäunung und die Wächter, die mit Hunden um das Lager patrouillierten. Eine große Belastung waren auch die schlechten Versorgungsverhältnisse Deutschlands in den letzten Kriegsjahren. Deutschland erlebte mehrere Hunger-Winter ("Steckrübenwinter"), unter denen die portugiesischen Gefangenen nicht weniger zu leiden hatten als die deutsche Bevölkerung. Die Verpflegung bestand überwiegend aus Steckrüben und Kartoffeln, oft mit etwas Fleisch zur Suppe gekocht. Auch Brot gab es, aber mit wenig Fettzuteilung. Gemüse, Eier oder Obst gab es nur selten. Obwohl die Ernährung mangelhaft war, hungerte niemand. Die Portugiesen vermissten aber schmerzlich die heimatliche Küche. Fisch, Olivenöl oder Rotwein standen nie auf dem Küchenzettel. Immerhin gelang es, aus dem ordinären deutschen Grünkohl mit Schmalz und Mettwurst eine Suppe zu kochen, die dem typisch portugiesischen Caldo Verde recht ähnlich war. Schon 1908 hatten sich die europäischen Nationen im holländischen Den Haag auf ein Abkommen geeinigt, mit dem Grausamkeiten im Krieg vermindert werden sollten. Die "Haager Landkriegsordnung" legte fest, wie ein Krieg formal erklärt werden musste, wie die Uniformen auszusehen hätten und wie Zivilisten geschont werden sollten. Auch die Behandlung der Gefangenen war genau darin geregelt. Offiziere durften nicht zur Arbeit gezwungen werden und waren getrennt von den Mannschaften unterzubringen. Deutlich wird, dass die Gegensätze zwischen Arm und Reich auch für die Gefangenen gelten sollten! Ob die Politiker damals ahnten, welche fürchterlichen Ausmaße der 1914 begonnene Weltkrieg erreichen sollte? Im Lager Breesen scheinen die in territorialen Abkommen zur Behandlung von Kriegsgefangenen eingehalten worden zu sein.
In den Personenstands-Registern der damaligen Gemeinde Breesen ist als einziger Todesfall im Lager Breesen der eines polnischen Landarbeiters verzeichnet, der als Zivilist im Lager inhaftiert war - einer der wenigen Nicht-Portugiesen. Für die anfallenden Arbeiten standen 17 Portugiesen sowie einige Belgier und Franzosen bereit - allesamt gefangene Mannschaftsdienstgrade. Sie arbeiteten in der Küche, nähten Knöpfe an die Uniformen, sorgten für die Wäscherei und reinigten die Latrine.

 

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